Hintergründe und Motivation für

„Just breath and talk“



Die Idee Atmung und Stimme im Alltag bewusster zu nutzen ist nicht neu, aber jetzt ist der beste Zeitpunkt sie neu für sich zu entdecken. Das Zwerchfell und der gesamter Körper wartet nur darauf. Für jedes Alter und in jeder Alltag-Lebenswelt einzubinden.

Ein Zitat von 1928 bringt es auf den Punkt:

“Man sucht heutzutage freilich den Kampf um die innere Harmonie der Gegensätze in der Regel auf zwei Feldern auszutragen: durch körperliche Leistungen im Turnen, Spiel oder Sport und durch Wettbewerb und Auslese auf geistigem Gebiet. Doch als das vereinigende Glied zwischen den weit auseinanderliegenden Polen liegt nach unserer Erfahrungen die Arbeit an Atmung, Stimme, Sprache und Bewegung. Diese Erfahrungen werden von Ärzten, Schulräten, Lehrern, Psychologen und Theologen, vor allem aber von Künstlern bestätigt.“
C. Schlaffhorst und Hedwig Andersen „Atmung und Stimme“ Möseler Verlag Wolfenbüttel, Ausgabe 1996, S.50, 1. Auflage 1928

1996, einige Jahre nach meiner Musicalausbildung in Wien, las ich von der Bundesanstalt für Arbeit die Informationsbroschüren mit dem Titel „Staatlich geprüfte Atem-, Sprech- und Stimmlehrer(in)“ denn ich suchte nach neuen beruflichen Ideen und Möglichkeiten. Das hier beschriebene Grundprinzip des Lernens aus Selbsterfahrung sprach mich sofort an. Atmung, Stimme und Bewegung auch im Alltag in harmonischen Einklang zu bringen und dadurch 24/7 etwas Gutes für die Gesundheit tun zu können, fand ich faszinierend. In meiner Musicalausbildung hatte ich dies stets getrennt: Trainingszeit und Freizeit. Doch als gesundheitsbewusster und interessierter Mensch, sowie beruflich als Sängerin und Musicaldarstellerin wollte ich dies aktiv erfahren.

Atmung und Stimmnutzung ist seit meiner Kindheit ein besonderes Thema und persönliches Anliegen, denn oft erlebte ich meinen sprachlosen, nach Luft ringenden Vater, der wegen seinen asthmatischen und allergischen Belastungen angespannt und verkrampft stand oder saß. Das waren bedrückende Eindrücke, die mich geprägt, beängstigt und zum Nachdenken gebracht haben, besonders durch die genetische eigene Vorbelastung, die seit meinem 19. Lebensjahr bei mir ihren Durchbruch suchte und für lange Zeit fand.

„Es sind nicht die Gene, es ist die Angst“, mit diesem Leitsatz im Herzen und vielen hoffnungsvollen Erwartungen stand ich mit 23 Jahren, nach meinem Abitur und einer kaufmännischen Ausbildung, sowie einem privatem Schicksalsschlag - also völlig kopflastig - in Wien im Ballett Saal und sollte frei tanzen, atmen, singen und Schauspielrollen darstellen. Der Ballettlehrer sagte mir frei heraus Bemerkungen wie: „Du hast ein Kreuz wie ein Kleiderschrank“ oder „Bauch rein, wohl zu viel gefrühstückt“. Die Gesangslehrerin sagte: „Bauch raus und stehe zu deiner Figur und zu dir selbst, du bist schon so schlank. Die Stimme und Atmung braucht den gesamten gefühlvollen Körpereinsatz.“

Ja was denn nun? Und was wann?

Alles hat seine Zeit, so heißt es, und es sollte sich bewahrheiten. Lebensumstände und Stress können Verspannungen im Körper aufbauen, genetische Vorbelastungen tragen ihren Teil dazu bei und bald fragt man sich wie es weiter gehen soll. Gesundheitlich, privat, beruflich, einfach als Mensch, der atmet und spricht oder wie ich, auch singen möchte.

Aufgeben war nie eine Option, wie ich schon im Abschlusskonzert der Ausbildung in Wien live sang. Jeder Stein im Weg ist ein potenzieller Stolperstein oder Baustein – je nach Verwendung. In der Musical Ausbildung hatte ich am eigenen Körper erfahren wie Atmung, Stimme und Körperbewegungen zusammenhängen. Gesundheit hat, viel mit Atmung und Bewegung zu tun, das weiß man heute und viele Atem- und Bewegungskurse werden angeboten. Lunge, Herz und Blutkreislauf spielen ineinander über und sind für die gute Sauerstoffversorgung des Körpers zuständig. Doch wie Schlaffhorst / Andersen bereits feststellten, auch die aktive Stimmnutzung trägt ihren gravierenden Teil zur Gesundheit bei. Wie setzt man am einfachsten dieses Wissen in seinem individuellen Alltag um, diese Frage stellte ich mir schon damals.

Nachdem ich mich mehr über die Idee von Clara Schlaffhorst und Hedwig Andersen informiert hatte, war die Motivation groß über viele Jahre Erfahrungen durch Auftritte und Vorträge in Workshops oder Einzelstunden zu sammeln. Zusätzlich bildete ich mich intensiv weiter und beschäftigte mich mit Studien in nahezu allen Themenbereichen der Atmung und Bewegung. Dabei begab ich mich in die Gebiete der gesanglichen, sprachlichen und sportlichen Atmung, der fernöstlichen Atem- und Bewegungstechniken (wie Hatha Yoga, Tai Chi, Qigong), sowie die Thematik der bewussten Körper-Geist Atemmethoden Autogenes Training oder progressive Muskelentspannung nach Jacobson und viele weitere.

All diese besagten Übungsformen sind sinnvoll und sehr nützlich, haben aber einen entscheidenden Nachteil, den viele Menschen bestätigen: Sie beinhalten vorgegebene Übungsabläufe, Bewegungsabläufe und Zeitvorgaben, die erlernt und eingehalten werden müssen. So muss im eigenen Alltag Zeit dafür eingeplant werden, um den Erfolg dauerhaft zu erhalten. Sie schließen den individuellen Alltagsablauf aus und funktionieren selten dynamisch oder spontan.

Diese gleiche Diskrepanz hatte ich aber schon in der Musicalausbildung erlebt. Zudem ist das Thema Stress und psychische Belastungen ein weiterer, umfangreicher Bereich, der sich ebenfalls auf das Atmungsverhalten eines jeden Menschen individuell in seinem Tagesablauf auswirkt.

„Die Stärkung von internen Ressourcen (Resilienz Faktoren) ist daher für Personen mit und ohne Stressbelastung gesundheitsförderlich... Chronischer Stress und fehlende Ressourcen zur Stressbewältigung sind mit dem Auftreten und der Aufrechterhaltung zahlreicher stressassoziierter Erkrankungen verbunden“
Leitfaden Prävention nach § 20 Abs. 4 Nr. 1 SGB V, Seite 81

Es wird von jedem gesundheitsbewussten Menschen erwartet, Platz für derartige gesundheitsfördernde Trainings- und Erholungszeiten zu schaffen. Nicht so einfach umzusetzen bei vollen Terminkalendern, die heute jeder mehr denn je hat. Ein Tag hat 24 Stunden, incl. der erholsamen Schlafzeit, die auch viele Menschen schon gestört erleben. Und für Menschen, die sich für sportliche Aktivitäten gar nicht so richtig erwärmen können, ist dies dann noch eine weitere Herausforderung. Der innere und äußere Druck wächst, anstatt daß spielerische Freude im Alltag entstehen kann.

Doch es gibt einen Weg. Atmen ist Leben und die Sprache unser Mittel Nummer Eins zur Verständigung. Aktive Atmung und Stimmnutzung fördert das selbstbestimmte, gesundheitsorientierte Handeln des Einzelnen. Das Stichwort hier heißt Zwerchfell.

„Dank der Lage des Zwerchfells in der „“Körpermitte“ beeinflussen seine Bewegungen ausnahmslos alle Organe, seien sie nun über ihm im Brustraum oder unter ihm in der Bauchhöhle.“
C. Schlaffhorst und Hedwig Andersen „Atmung und Stimme“ Möseler Verlag Wolfenbüttel, Ausgabe 1996, S.11, 1. Auflage 1928

So nutzt jeder in Beruf und Freizeit intuitiv und selbstverständlich seine Stimme. Ob in geselligen Gesprächen, als Fan und Zuschauer beim Sport oder selbst aktiv in sportlichen Betätigungen oder im beruflichen Alltag. Warum diese Zeit also nicht bewusst effektiv nutzen, indem man ein kinderleichtes und zugleich wirkungsvolles Wissen wieder hervorruft, das man ganz natürlich als Baby und Kleinkind bereits intuitiv erlernt und eingesetzt hat?

Selbstwahrnehmung war bereits 1928 ein Thema, doch durch Gehirnforschung, Neurowissenschaft und moderne Psychologie wurden viele neue Erkenntnisse und Aspekte in den letzten Jahrzehnten hinzugewonnen. Es gibt etliche Fachartikel hierzu, diese alle aufzuführen würde den Rahmen sprengen. Buchtipps sind am Ende dieses Artikels aufgeführt, weitere Internet Recherchen sind für jeden möglich. Ein Stichwort in einer Suchmaschine und man findet unzählige fundierte, wissenschaftliche Informationen.

In der Grundschule meiner Tochter konnte ich die sich verändernden Lehrmethoden und Entwicklungen besonders im Mathematik Unterricht aktiv miterleben. 1 und 1 ist 2 war es früher, heute ist es 1 Apfel und noch ein 1 Apfel, und schon ist der logische Verstand mit einem kreativen Bild verknüpft. Die Arbeit mit Farben und Bildern, also die angemessene Nutzung der Kreativität, anstatt alles nur mit Logik anzugehen, war ein großer Erfolg. Unser Gehirn arbeitet mit Bildern und jeder Mensch hat mehr Kreativität und Kontrolle in sich, als ihm bewusst ist. Künstler haben dies schon lange gelebt, aber dabei oft zu abstrakte Vorstellungen nutzen müssen. Heute wird auch im Hochleistungssport ganz anders gearbeitet als früher. Motivation, Ruhephasen, Vorstellungskraft, meditative Einheiten, Achtsamkeit und gezieltes, bewusstes Training, spielen nun alle eine wichtige Rolle, ebenso wie deren Gleichgewicht.

Ich habe mich für diesen umfangreichen und lehrreichen Lebensweg, der über Jahrzehnte ging entschieden, da ich selbst betroffen war, verursacht durch Unwissenheit und Unachtsamkeit in meinen Kindheits- und Jugendjahren, wie mir meine damaligen Lehrer in den konventionellen Lehrmethoden der Gesangsstimme zu verstehen gaben. Ich hatte Stress, Muskelverspannungen und atemtechnische Probleme und konnte daher trotz hervorragendem, umfangreichem Stimmmaterial nicht die täglichen Leistungen erbringen, die von einer professionellen Musicaldarstellerin erwartet wurden. Also aus der Traum? Nein, so durfte ich erfahren, denn die Musik- und Unterhaltungsbranche hat in Sprache und Stimme vieles zu bieten und auch der Weg der Heilung kann lang sein, wenn man ihn nur geduldig weiter geht, heben sich Probleme wie von selbst auf.

„...dass gesangstechnische Entwicklung weder Manipulationskunst noch ein Programm zur Kontrolle des Stimm- Apparates darstellt. Sie ist vielmehr ein Vorgang, durch den Muskelstörungen sich von selbst aufheben. Er tritt immer dann ein, wenn organisch bedingte Gesetzmäßigkeiten befolgt werden.“
Cornelius L. Reid „Funktionale Stimmentwicklung“ Schott Verlag 2001, S.9

Das Grundprinzip in Atmung und Stimme heißt: Der Ton wird auf dem Luftstrom gebildet. Und dieses wird praktisch und einfach gelebt, ohne kulturelle oder religiöse Hintergründe, aber in kultureller und religiöser selbstbestimmender Freiheit. Denn Menschen sind Menschen, weltweit. Das Grundwissen und der Grundaufbau des Menschen auch in der Atem- und Stimmnutzung ist für alle gleich: Gesundheitlich, anatomisch, wissenschaftlich, innere Einstellung. Nur der Zugang ist sehr individuell gestaltbar und spricht damit alle Menschen in jedem Alter an. Aber das ist doch genial! Denn so werden auch Menschen angesprochen, die nicht viel mit sportlichen Aktivitäten anfangen können oder wollen, sowie Menschen mit körperlichen Einschränkungen. In der langjährigen Betreuungs- und Pflegezeit meiner Mutter haben wir beide dies sehr zu schätzen gelernt.

Vorbeugung oder Prävention wie es in der Fachsprache heißt ist für jeden wichtig und Fantasie oder Vorstellungskraft hat jeder Mensch, oder er kann es wieder erlernen:

„Wenn Clara Schlaffhorst verlangte, sich mitdenkend vorzustellen, dass das „Brustbein am Himmel aufgehängt“ sei, erhielt die verlangte Übung im selben Augenblick eine Höhe und Tiefe, die ohne dieses Bild nicht erfahren wurde; der ganze Luftraum zwischen Himmel und Erde wurde auf diese Weise dem Menschen ins Bewusstsein gebracht.“
Gisela Köpp „Leben mit Stimme Stimme mit Leben“ Bärenreiter Verlag, 3. Auflage 1998, S.13

In meiner Musicalausbildung und späteren gesanglichen Weiterbildung an der Folkwang Musikschule in Essen habe ich viel auf diese abstrakten Vorstellungen zurückgreifen müssen. Doch ich war viel zu logisch denkend, rational und „verkopft“ als dass diese Vorstellungsweise mir den ausreichenden Erfolg gebracht hatte. Vorhandene Verspannungen und Schmerzen und auch Schwindelgefühle im Körper blockierten ebenfalls diese Leichtigkeit der Vorstellung.

Daraus ergab sich die Erkenntnis: Anleitungen zur Atmung können bei vielen Menschen nicht den dauerhaften Erfolg bringen, wenn nicht mit den richtigen inneren Bildern und dem natürlichen Grundverständnis gearbeitet wird. Ein einfaches Beispiel hierzu ist in der Anatomie zu finden, wie mir durch die Gespräche mit einer Chirurgin bewusst wurde. Ich hatte zwar den Begriff Stimmlippen oder Zwerchfell bereits gehört, aber meinem Kopf fehlte das visuelle Bild zum sachlichen Schriftzug. Das aber ist beim aktiven Gebrauch der belebten Stimme so wesentlich für den Erfolg. Künstler und Stimmlehrer haben früher mit vielen abstrakten Vorstellungen, wie „Der Ton ist über dem Kopf, gib ihm Raum“, etc. gearbeitet, um damit die Knochenresonanz im Körper zu erreichen. Diese Technik führt aber nicht bei allen Menschen zum Erfolg. Jedoch ein einfaches, klares Bild vom Schädelbasisknochen ist hier meist viel hilfreicher für die Vorstellungskraft bei den Übungen.

Heute können wir in der Anatomie des Menschen je nach persönlichem Wunsch auf jegliche bildliche Darstellung zurückgreifen um unsere Vorstellungskraft zu unterstützen. Doch dieses wunderbare Hilfsmittel wird von viel zu wenigen Menschen genutzt. Erstaunlicherweise ist selbst in Kinderbüchern, die den Körper darstellen in allen Funktionen, das Zwerchfell nicht erwähnt. Ich hatte früher oft gedacht, dass die Leber eine Andeutung des Zwerchfells sei, weil ich mir nicht erklären konnte, warum so ein wichtiger Atemmuskel nicht erwähnt wird. Nun, mancher wird jetzt schmunzeln, aber Unwissenheit ist keine Schande.

Das Zwerchfell ist der wichtigste Atemmuskel, den wir trainieren, die Lunge unser Atemorgan. Unser Gehirn arbeitet mit Bildern. Viele haben beim Begriff Zwerchfell nur das Wort und die grammatikalische Schreibweise Zwerchfell im Kopf, jedoch keine bildliche Vorstellung von dem Ausmaß dieses wichtigsten Atemmuskels im eigenen Körper. In der gesanglichen Ausbildung sprach man hier früher oft vom Bild der „Glocke“ in sich. Fragt man nach, so verbinden die meisten Menschen mit Atmung nur die Lunge als Atemorgan.

Doch wenn das einfache Konzept des „Gesamtkörperlichen Geschehen“ nicht verstanden wird, weil es nicht gelehrt und gelernt wird, so kann man einfache tägliche eingebundene Atem – und Sprachübungen nur halbherzig umsetzen oder als Spielerei abtun. Mit gravierender Gleichgültigkeit und Konsequenz für die Gesundheit des eigenen Körpers.

„...Wenn man diese alte und wünschenswerte Tradition wiederbeleben will, muss man eine neue Einstellung zur stimmlichen Funktion gewinnen: Es geht dabei um eine Einstellung, bei der erstens die Mittel nicht länger mit dem Ziel und zweitens weder die Symptome noch die Vorgehensweisen länger mit den Grundlagen verwechselt werden, also darum von außen aufgezwungene Verhaltensweisen durch Vorgänge zu ersetzen, die die natürliche, reflektorische Bewegung anregen. Moderne Methoden, die auf der –Mach-es-so Anweisung basieren, haben sich zur Erlangung dieses oder anderer erwünschten Ziele als untauglich erweisen.“
Cornelius L. Reid „Funktionale Stimmentwicklung“ Schott Verlag 2001, S.8

„Nein, aufgeben werde ich nie.“

Das war die Textaussage beim von mir live gesungenen Lied der Abschlussaufführung am „Theater an der Wien“, und es sollte Lebensmotto bleiben, nicht nur für mich, denn viele Menschen gehen den gleichen Weg und suchen ihre Balance zwischen Beruf und Freizeit im Lebensalltag.

Letztlich brachte es die Zeit mit sich, dass die Gehirnforschung und Neurowissenschaft, sowie die moderne Psychologie neue Wege auftat. Gleichzeitig kamen aber auch technische Hilfsmittel wie das Mikrofon immer mehr in den Focus zur Stimmverstärkung. Handys haben heute so gute Mikrofone integriert, dass die leiseste Stimme übertragen wird. Tiefenatmung und „Stütze“ ist somit nicht erforderlich. Und heute wird mehr geschrieben oder still gearbeitet, als gesprochen. Social Media oder E-Mail ist das Zauberwort und ersetzt die Stimme ganz. Die innere, an der Stimmnutzung beteiligte feine Muskulatur im Mundinnenraum und Kehlkopf erschlafft und besonders das Zwerchfell und die Körperhaltung leiden.

Durch meine jahrzehntelange Auseinandersetzung mit dieser Thematik, und der aktiven Umsetzung im privaten und beruflichen Alltag sowie vielen Rückmeldungen von sportlich mehr oder weniger aktiven Interessenten aus allen beruflichen Lebenswelten entstand ab 2000 meine Trainingsmethode "Gehirngerechtes Gesangstraining", dem heutigen erweiterten Atem- und Stimmtraining –Just breath and talk– "Gehirngerechtes Atem- und Stimmtraining". Denn nicht nur SängerInnen können von guter Stimmnutzung und Tiefenatmung profitieren, sondern jeder Mensch. Die drei wichtigen Oberbegriffe sind hierbei:

Fantasie – Anatomie – Technik

Die Bereiche greifen ineinander über, in spielerischer, oft unbewusster Leichtigkeit. Durch Bewusstsein, Achtsamkeit und gezieltes Wissen kann man lernen Atmung, Stimme und Körperhaltung auch im Alltag in freier Zeiteinteilung und in kleinen Übungseinheiten zum Aufbau des Zwerchfells zu nutzen. Dies hat umfangreiche positive Auswirkungen auf den gesamten Körper.

Seit dem Jahr 2020, durch die gesellschaftlichen Herausforderungen, fand man immer mehr Artikel über das Thema Atmung, nicht nur in Fachzeitschriften. Für mich war diese Zeit die Aufforderung das ganze Konzept auch Online anzubieten.

Das einfache Basiswissen, grundlegende Übungen der Körper- und Selbstwahrnehmung in Stimme und Bewegung, wie man sie in einer professionellen Musicalausbildung, als Logopäde oder Atem- und Stimmtrainer erlernt, kann jedem Laien im Alltag wunderbare Dienste leisten. Online, in ihrer gewohnten Umgebung können Interessenten sich besser wahrnehmen und Übungen ausprobieren. Rückfragen sind jederzeit möglich, Kontaktaufnahme auch nach den Trainingsstunden für weitere Fragen ebenfalls. So fördert das Erlernen von aktiver Atmung und Stimmnutzung das selbstbestimmte, gesundheitsorientierte Handeln des Einzelnen. Erfahrene KursleiterInnen können jeden Teilnehmer auch online gut wahrnehmen.

„Die Gabe, sich in die Gefühlswelt des Schülers hineinzuversetzen, besitzen nur sehr wenige Gesangspädagogen. Hierzu ist eine hohe Sensibilität von Seiten des Lehrers notwendig. Er muss in der Lage sein, sozusagen die Gefühle des Schülers zu lesen, um eventuell aus Angst oder Panik entstandene ungeordnete Gedanken, Vorstellungen und Gefühle zu erkennen und in geordnete Bahnen zu lenken. Dies ist am Verhalten des Schülers spürbar.“
Hans-Josef Kasper „Stimmphysiologie und Stimmpsychologie für Sänger“ Verlag Burr, Ausgabe 1992, S. 55

Alle Übungen können im eigenen Alltag individuell angepasst werden in der Dauer der Durchführung, je nach eigenem Befinden, Zeitmaß und körperlichen Voraussetzungen. So können Schwindelgefühle, wie manche Menschen sie bei Atemübungen erleben, vermieden werden und die Freude am Aufbau und Ausbau der Übungen bleibt über Wochen erhalten, bis sie zur Routine im eigenen Alltag geworden sind. Spiegelkontrolle bei einigen Übungen für die Selbstwahrnehmung ist besonders in den Anfängen sehr sinnvoll und gut in den eigenen Alltag einzubinden, zum Beispiel morgens und abends bei der morgendlichen und abendlichen Körperpflegeroutine, beim Duschen oder in persönlichen Routinearbeiten. Mit einfachen, alltäglichen Gegenständen, wie einem Handtuch, Finger, Korken, Papierball oder ganz ohne Hilfsmittel. Bewusstes Sprechen, Atmen, Singen oder Pfeifen mit mehr oder weniger schiefen Tönen und Ausdruck gehört zum natürlichsten Verhalten und Bedürfnis aller Menschen. Mein Leitsatz in Atmung und Stimme war immer:

Freiheit 24 / 7

Wenn die Selbstwahrnehmung, das Grundwissen und Achtsamkeit geschulter ist, kann man wunderbar effektiv auch mit Apps und Übungs- oder Lehrvideos arbeiten, denn man weiß, worauf man achten muss. Eigenständige Nacharbeit, u.a. mit meinen kostenfreien Lehrvideos auf YouTube (oder auch anderen Lehrvideos) ist individuell zu jeder Tages- und Nachtzeit möglich. Rückfragen können gerne unter meinen Videos als Kommentar geschrieben werden, so können auch andere Nutzer die Antworten lesen und manche Fragen erübrigen sich dann.

 

Fachliteratur zum Thema:

Im Internet findet man zu diesem Thema viele fachliche und wissenschaftliche Informationen. Auch Zeitschriften und Magazine zu diesem Thema Atmung und Stimme, sind erhältlich. Fachmagazine wie GEO oder die Sportärztezeitung seien hier nur als Beispiel erwähnt. Einige kostenfreie Zeitschriften: Apotheken Umschau (z.B. „EIN.AUS.EIN.AUS: Warum Atmen so viel mehr ist als das“ Titelthema vom 15. Februar 2022) sowie das „Alverde“ dm - Magazin vom dm Markt.

  • C. Schlaffhorst und Hedwig Andersen „Atmung und Stimme“, Möseler Verlag Wolfenbüttel, Ausgabe 1996
  • Hans-Josef Kasper „Stimmphysiologie und Stimmpsychologie für Sänger“, Verlag Burr, 1992
  • Gisela Köpp „Leben mit Stimme Stimme mit Leben“ , Die Atem- und Stimmkunst der Clara Schlaffhorst und Hedwig Andersen, Bärenreiter Verlag, 3. Auflage 1998
  • Der kleine Hey „Die Kunst des Sprechens“, Schott Verlag, Auflage 1997, 1. Auflage 1956
  • Cornelius L. Reid „Funktionale Stimmentwicklung“, Schott Verlag, 1. Auflage 2001
  • Ilse Middendorf „Der Erfahrbare Atem, Eine Atemlehre“, Junfermann Verlag, 2 Auflage 1985
  • Margot Scheufele – Osenberg „Die Atemschule“, Schott Verlag, 1998
  • Josef Kemper „Stimmpflege. Eine handwerkslehre im Grundriß“ Schott Verlag, 1951
  • Coblenzer/Muhar „Atem und Stimme“ Anleitung zum guten Sprechen, OBV Pädagogischer Verlag, 17 Auflage 1997
  • Walburga Brügge/Katharina Mohs „Therapie funktioneller Stimmstörungen“, Ernst Reinhardt Verlag, 3. Auflage 1998
  • Paul Lohmann „Stimmfehler, Stimmberatung“ , Schott Verlag, 1966, 1 Auflage 1938
  • Paul Nitsche „Die Pflege der Kinder- und Jugendstimme“ , Schott Verlag, 1996
  • Dr. med. Annerose Keilmann „So lernt mein Kind sprechen“, Midena Verlag, 1998
  • Kurt Hofbauer „Praxis der chorischen Stimmbildung“ , Schott Verlag, 1978
  • G.Friedrich/W. Bigenzahn „Phoniatrie“, Verlag Hans Huber, 1995
  • Stella Adler „Die Schule der Schauspielkunst“ , Henschel Verlag, 2000
  • Barbara Zollinger „Die Entdeckung der Sprache“ ,Beiträge zur Heil- und Sonderpädagogik Haupt Verlag, 5. Auflage 2002
  • Karin Schutt „Heilatmen“ Ein Weg zur Lebenskraft und inneren Harmonie, Falken Verlag, 1989
  • Aribert Stampa „Atem, Sprache und Gesang“ , Bärenreiter Verlag, 1973
  • Heinz Fiukowski, Gerhart Lindner, Otto Preu, Eva Qualmann, Helmut Stelzig, Eberhard Stock „Einführung in die Sprechwissenschaft“ VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1982
  • Leo Kofler „Die Kunst des Atmens“, Bärenreiter Verlag, 1992

 

Bettina Kupetz

gesang( at )kupetz.de

 

 



Die Idee Atmung und Stimme im Alltag bewusster zu nutzen ist nicht neu, aber jetzt ist der beste Zeitpunkt sie neu für sich zu entdecken. Das Zwerchfell und der gesamter Körper wartet nur darauf. Für jedes Alter und in jeder Alltag-Lebenswelt einzubinden.

Ein Zitat von 1928 bringt es auf den Punkt:

1. “Man sucht heutzutage freilich den Kampf um die innere Harmonie der Gegensätze in der Regel auf zwei Feldern auszutragen: durch körperliche Leistungen im Turnen, Spiel oder Sport und durch Wettbewerb und Auslese auf geistigem Gebiet. Doch als das vereinigende Glied zwischen den weit auseinanderliegenden Polen liegt nach unserer Erfahrungen die Arbeit an Atmung, Stimme, Sprache und Bewegung. Diese Erfahrungen werden von Ärzten, Schulräten, Lehrern, Psychologen und Theologen, vor allem aber von Künstlern bestätigt.“
C. Schlaffhorst und Hedwig Andersen „Atmung und Stimme“ Möseler Verlag Wolfenbüttel, Ausgabe 1996, S.50, 1. Auflage 1928

1996, einige Jahre nach meiner Musicalausbildung in Wien, las ich von der Bundesanstalt für Arbeit die Informationsbroschüren mit dem Titel „Staatlich geprüfte Atem-, Sprech- und Stimmlehrer(in)“ denn ich suchte nach neuen beruflichen Ideen und Möglichkeiten. Das hier beschriebene Grundprinzip des Lernens aus Selbsterfahrung sprach mich sofort an. Atmung, Stimme und Bewegung auch im Alltag in harmonischen Einklang zu bringen und dadurch 24/7 etwas Gutes für die Gesundheit tun zu können, fand ich faszinierend. In meiner Musicalausbildung hatte ich dies stets getrennt: Trainingszeit und Freizeit. Doch als gesundheitsbewusster und interessierter Mensch, sowie beruflich als Sängerin und Musicaldarstellerin wollte ich dies aktiv erfahren.

Atmung und Stimmnutzung ist seit meiner Kindheit ein besonderes Thema und persönliches Anliegen, denn oft erlebte ich meinen sprachlosen, nach Luft ringenden Vater, der wegen seinen asthmatischen und allergischen Belastungen angespannt und verkrampft stand oder saß. Das waren bedrückende Eindrücke, die mich geprägt, beängstigt und zum Nachdenken gebracht haben, besonders durch die genetische eigene Vorbelastung, die seit meinem 19. Lebensjahr bei mir ihren Durchbruch suchte und für lange Zeit fand.

„Es sind nicht die Gene, es ist die Angst“, mit diesem Leitsatz im Herzen und vielen hoffnungsvollen Erwartungen stand ich mit 23 Jahren, nach meinem Abitur und einer kaufmännischen Ausbildung, sowie einem privatem Schicksalsschlag - also völlig kopflastig - in Wien im Ballett Saal und sollte frei tanzen, atmen, singen und Schauspielrollen darstellen. Der Ballettlehrer sagte mir frei heraus Bemerkungen wie: „Du hast ein Kreuz wie ein Kleiderschrank“ oder „Bauch rein, wohl zu viel gefrühstückt“. Die Gesangslehrerin sagte: „Bauch raus und stehe zu deiner Figur und zu dir selbst, du bist schon so schlank. Die Stimme und Atmung braucht den gesamten gefühlvollen Körpereinsatz.“

Ja was denn nun? Und was wann?

Alles hat seine Zeit, so heißt es, und es sollte sich bewahrheiten. Lebensumstände und Stress können Verspannungen im Körper aufbauen, genetische Vorbelastungen tragen ihren Teil dazu bei und bald fragt man sich wie es weiter gehen soll. Gesundheitlich, privat, beruflich, einfach als Mensch, der atmet und spricht oder wie ich, auch singen möchte.

Aufgeben war nie eine Option, wie ich schon im Abschlusskonzert der Ausbildung in Wien live sang. Jeder Stein im Weg ist ein potenzieller Stolperstein oder Baustein – je nach Verwendung. In der Musical Ausbildung hatte ich am eigenen Körper erfahren wie Atmung, Stimme und Körperbewegungen zusammenhängen. Gesundheit hat, viel mit Atmung und Bewegung zu tun, das weiß man heute und viele Atem- und Bewegungskurse werden angeboten. Lunge, Herz und Blutkreislauf spielen ineinander über und sind für die gute Sauerstoffversorgung des Körpers zuständig. Doch wie Schlaffhorst / Andersen bereits feststellten, auch die aktive Stimmnutzung trägt ihren gravierenden Teil zur Gesundheit bei. Wie setzt man am einfachsten dieses Wissen in seinem individuellen Alltag um, diese Frage stellte ich mir schon damals.

Nachdem ich mich mehr über die Idee von Clara Schlaffhorst und Hedwig Andersen informiert hatte, war die Motivation groß über viele Jahre Erfahrungen durch Auftritte und Vorträge in Workshops oder Einzelstunden zu sammeln. Zusätzlich bildete ich mich intensiv weiter und beschäftigte mich mit Studien in nahezu allen Themenbereichen der Atmung und Bewegung. Dabei begab ich mich in die Gebiete der gesanglichen, sprachlichen und sportlichen Atmung, der fernöstlichen Atem- und Bewegungstechniken (wie Hatha Yoga, Tai Chi, Qigong), sowie die Thematik der bewussten Körper-Geist Atemmethoden Autogenes Training oder progressive Muskelentspannung nach Jacobson und viele weitere.

All diese besagten Übungsformen sind sinnvoll und sehr nützlich, haben aber einen entscheidenden Nachteil, den viele Menschen bestätigen: Sie beinhalten vorgegebene Übungsabläufe, Bewegungsabläufe und Zeitvorgaben, die erlernt und eingehalten werden müssen. So muss im eigenen Alltag Zeit dafür eingeplant werden, um den Erfolg dauerhaft zu erhalten. Sie schließen den individuellen Alltagsablauf aus und funktionieren selten dynamisch oder spontan.

Diese gleiche Diskrepanz hatte ich aber schon in der Musicalausbildung erlebt. Zudem ist das Thema Stress und psychische Belastungen ein weiterer, umfangreicher Bereich, der sich ebenfalls auf das Atmungsverhalten eines jeden Menschen individuell in seinem Tagesablauf auswirkt.
„Die Stärkung von internen Ressourcen (Resilienz Faktoren) ist daher für Personen mit und ohne Stressbelastung gesundheitsförderlich... Chronischer Stress und fehlende Ressourcen zur Stressbewältigung sind mit dem Auftreten und der Aufrechterhaltung zahlreicher stressassoziierter Erkrankungen verbunden“
Leitfaden Prävention nach § 20 Abs. 4 Nr. 1 SGB V, Seite 81

Es wird von jedem gesundheitsbewussten Menschen erwartet, Platz für derartige gesundheitsfördernde Trainings- und Erholungszeiten zu schaffen. Nicht so einfach umzusetzen bei vollen Terminkalendern, die heute jeder mehr denn je hat. Ein Tag hat 24 Stunden, incl. der erholsamen Schlafzeit, die auch viele Menschen schon gestört erleben. Und für Menschen, die sich für sportliche Aktivitäten gar nicht so richtig erwärmen können, ist dies dann noch eine weitere Herausforderung. Der innere und äußere Druck wächst, anstatt daß spielerische Freude im Alltag entstehen kann.

Doch es gibt einen Weg. Atmen ist Leben und die Sprache unser Mittel Nummer Eins zur Verständigung. Aktive Atmung und Stimmnutzung fördert das selbstbestimmte, gesundheitsorientierte Handeln des Einzelnen. Das Stichwort hier heißt Zwerchfell.
„Dank der Lage des Zwerchfells in der „“Körpermitte“ beeinflussen seine Bewegungen ausnahmslos alle Organe, seien sie nun über ihm im Brustraum oder unter ihm in der Bauchhöhle.“
C. Schlaffhorst und Hedwig Andersen „Atmung und Stimme“ Möseler Verlag Wolfenbüttel, Ausgabe 1996, S.11, 1. Auflage 1928

So nutzt jeder in Beruf und Freizeit intuitiv und selbstverständlich seine Stimme. Ob in geselligen Gesprächen, als Fan und Zuschauer beim Sport oder selbst aktiv in sportlichen Betätigungen oder im beruflichen Alltag. Warum diese Zeit also nicht bewusst effektiv nutzen, indem man ein kinderleichtes und zugleich wirkungsvolles Wissen wieder hervorruft, das man ganz natürlich als Baby und Kleinkind bereits intuitiv erlernt und eingesetzt hat?

Selbstwahrnehmung war bereits 1928 ein Thema, doch durch Gehirnforschung, Neurowissenschaft und moderne Psychologie wurden viele neue Erkenntnisse und Aspekte in den letzten Jahrzehnten hinzugewonnen. Es gibt etliche Fachartikel hierzu, diese alle aufzuführen würde den Rahmen sprengen. Buchtipps sind am Ende dieses Artikels aufgeführt, weitere Internet Recherchen sind für jeden möglich. Ein Stichwort in einer Suchmaschine und man findet unzählige fundierte, wissenschaftliche Informationen.

In der Grundschule meiner Tochter konnte ich die sich verändernden Lehrmethoden und Entwicklungen besonders im Mathematik Unterricht aktiv miterleben. 1 und 1 ist 2 war es früher, heute ist es 1 Apfel und noch ein 1 Apfel, und schon ist der logische Verstand mit einem kreativen Bild verknüpft. Die Arbeit mit Farben und Bildern, also die angemessene Nutzung der Kreativität, anstatt alles nur mit Logik anzugehen, war ein großer Erfolg. Unser Gehirn arbeitet mit Bildern und jeder Mensch hat mehr Kreativität und Kontrolle in sich, als ihm bewusst ist. Künstler haben dies schon lange gelebt, aber dabei oft zu abstrakte Vorstellungen nutzen müssen. Heute wird auch im Hochleistungssport ganz anders gearbeitet als früher. Motivation, Ruhephasen, Vorstellungskraft, meditative Einheiten, Achtsamkeit und gezieltes, bewusstes Training, spielen nun alle eine wichtige Rolle, ebenso wie deren Gleichgewicht.

Ich habe mich für diesen umfangreichen und lehrreichen Lebensweg, der über Jahrzehnte ging entschieden, da ich selbst betroffen war, verursacht durch Unwissenheit und Unachtsamkeit in meinen Kindheits- und Jugendjahren, wie mir meine damaligen Lehrer in den konventionellen Lehrmethoden der Gesangsstimme zu verstehen gaben. Ich hatte Stress, Muskelverspannungen und atemtechnische Probleme und konnte daher trotz hervorragendem, umfangreichem Stimmmaterial nicht die täglichen Leistungen erbringen, die von einer professionellen Musicaldarstellerin erwartet wurden. Also aus der Traum? Nein, so durfte ich erfahren, denn die Musik- und Unterhaltungsbranche hat in Sprache und Stimme vieles zu bieten und auch der Weg der Heilung kann lang sein, wenn man ihn nur geduldig weiter geht, heben sich Probleme wie von selbst auf.
„...dass gesangstechnische Entwicklung weder Manipulationskunst noch ein Programm zur Kontrolle des Stimm- Apparates darstellt. Sie ist vielmehr ein Vorgang, durch den Muskelstörungen sich von selbst aufheben. Er tritt immer dann ein, wenn organisch bedingte Gesetzmäßigkeiten befolgt werden.“
Cornelius L. Reid „Funktionale Stimmentwicklung“ Schott Verlag 2001, S.9

Das Grundprinzip in Atmung und Stimme heißt: Der Ton wird auf dem Luftstrom gebildet. Und dieses wird praktisch und einfach gelebt, ohne kulturelle oder religiöse Hintergründe, aber in kultureller und religiöser selbstbestimmender Freiheit. Denn Menschen sind Menschen, weltweit. Das Grundwissen und der Grundaufbau des Menschen auch in der Atem- und Stimmnutzung ist für alle gleich: Gesundheitlich, anatomisch, wissenschaftlich, innere Einstellung. Nur der Zugang ist sehr individuell gestaltbar und spricht damit alle Menschen in jedem Alter an. Aber das ist doch genial! Denn so werden auch Menschen angesprochen, die nicht viel mit sportlichen Aktivitäten anfangen können oder wollen, sowie Menschen mit körperlichen Einschränkungen. In der langjährigen Betreuungs- und Pflegezeit meiner Mutter haben wir beide dies sehr zu schätzen gelernt.

Vorbeugung oder Prävention wie es in der Fachsprache heißt ist für jeden wichtig und Fantasie oder Vorstellungskraft hat jeder Mensch, oder er kann es wieder erlernen:
„Wenn Clara Schlaffhorst verlangte, sich mitdenkend vorzustellen, dass das „Brustbein am Himmel aufgehängt“ sei, erhielt die verlangte Übung im selben Augenblick eine Höhe und Tiefe, die ohne dieses Bild nicht erfahren wurde; der ganze Luftraum zwischen Himmel und Erde wurde auf diese Weise dem Menschen ins Bewusstsein gebracht.“
Gisela Köpp „Leben mit Stimme Stimme mit Leben“ Bärenreiter Verlag, 3. Auflage 1998, S.13

In meiner Musicalausbildung und späteren gesanglichen Weiterbildung an der Folkwang Musikschule in Essen habe ich viel auf diese abstrakten Vorstellungen zurückgreifen müssen. Doch ich war viel zu logisch denkend, rational und „verkopft“ als dass diese Vorstellungsweise mir den ausreichenden Erfolg gebracht hatte. Vorhandene Verspannungen und Schmerzen und auch Schwindelgefühle im Körper blockierten ebenfalls diese Leichtigkeit der Vorstellung.

Daraus ergab sich die Erkenntnis: Anleitungen zur Atmung können bei vielen Menschen nicht den dauerhaften Erfolg bringen, wenn nicht mit den richtigen inneren Bildern und dem natürlichen Grundverständnis gearbeitet wird. Ein einfaches Beispiel hierzu ist in der Anatomie zu finden, wie mir durch die Gespräche mit einer Chirurgin bewusst wurde. Ich hatte zwar den Begriff Stimmlippen oder Zwerchfell bereits gehört, aber meinem Kopf fehlte das visuelle Bild zum sachlichen Schriftzug. Das aber ist beim aktiven Gebrauch der belebten Stimme so wesentlich für den Erfolg. Künstler und Stimmlehrer haben früher mit vielen abstrakten Vorstellungen, wie „Der Ton ist über dem Kopf, gib ihm Raum“, etc. gearbeitet, um damit die Knochenresonanz im Körper zu erreichen. Diese Technik führt aber nicht bei allen Menschen zum Erfolg. Jedoch ein einfaches, klares Bild vom Schädelbasisknochen ist hier meist viel hilfreicher für die Vorstellungskraft bei den Übungen.

Heute können wir in der Anatomie des Menschen je nach persönlichem Wunsch auf jegliche bildliche Darstellung zurückgreifen um unsere Vorstellungskraft zu unterstützen. Doch dieses wunderbare Hilfsmittel wird von viel zu wenigen Menschen genutzt. Erstaunlicherweise ist selbst in Kinderbüchern, die den Körper darstellen in allen Funktionen, das Zwerchfell nicht erwähnt. Ich hatte früher oft gedacht, dass die Leber eine Andeutung des Zwerchfells sei, weil ich mir nicht erklären konnte, warum so ein wichtiger Atemmuskel nicht erwähnt wird. Nun, mancher wird jetzt schmunzeln, aber Unwissenheit ist keine Schande.

Das Zwerchfell ist der wichtigste Atemmuskel, den wir trainieren, die Lunge unser Atemorgan. Unser Gehirn arbeitet mit Bildern. Viele haben beim Begriff Zwerchfell nur das Wort und die grammatikalische Schreibweise Zwerchfell im Kopf, jedoch keine bildliche Vorstellung von dem Ausmaß dieses wichtigsten Atemmuskels im eigenen Körper. In der gesanglichen Ausbildung sprach man hier früher oft vom Bild der „Glocke“ in sich. Fragt man nach, so verbinden die meisten Menschen mit Atmung nur die Lunge als Atemorgan.

Doch wenn das einfache Konzept des „Gesamtkörperlichen Geschehen“ nicht verstanden wird, weil es nicht gelehrt und gelernt wird, so kann man einfache tägliche eingebundene Atem – und Sprachübungen nur halbherzig umsetzen oder als Spielerei abtun. Mit gravierender Gleichgültigkeit und Konsequenz für die Gesundheit des eigenen Körpers.
„...Wenn man diese alte und wünschenswerte Tradition wiederbeleben will, muss man eine neue Einstellung zur stimmlichen Funktion gewinnen: Es geht dabei um eine Einstellung, bei der erstens die Mittel nicht länger mit dem Ziel und zweitens weder die Symptome noch die Vorgehensweisen länger mit den Grundlagen verwechselt werden, also darum von außen aufgezwungene Verhaltensweisen durch Vorgänge zu ersetzen, die die natürliche, reflektorische Bewegung anregen. Moderne Methoden, die auf der –Mach-es-so Anweisung basieren, haben sich zur Erlangung dieses oder anderer erwünschten Ziele als untauglich erweisen.“
Cornelius L. Reid „Funktionale Stimmentwicklung“ Schott Verlag 2001, S.8

„Nein, aufgeben werde ich nie.“

Das war die Textaussage beim von mir live gesungenen Lied der Abschlussaufführung am „Theater an der Wien“, und es sollte Lebensmotto bleiben, nicht nur für mich, denn viele Menschen gehen den gleichen Weg und suchen ihre Balance zwischen Beruf und Freizeit im Lebensalltag.

Letztlich brachte es die Zeit mit sich, dass die Gehirnforschung und Neurowissenschaft, sowie die moderne Psychologie neue Wege auftat. Gleichzeitig kamen aber auch technische Hilfsmittel wie das Mikrofon immer mehr in den Focus zur Stimmverstärkung. Handys haben heute so gute Mikrofone integriert, dass die leiseste Stimme übertragen wird. Tiefenatmung und „Stütze“ ist somit nicht erforderlich. Und heute wird mehr geschrieben oder still gearbeitet, als gesprochen. Social Media oder E-Mail ist das Zauberwort und ersetzt die Stimme ganz. Die innere, an der Stimmnutzung beteiligte feine Muskulatur im Mundinnenraum und Kehlkopf erschlafft und besonders das Zwerchfell und die Körperhaltung leiden.

Durch meine jahrzehntelange Auseinandersetzung mit dieser Thematik, und der aktiven Umsetzung im privaten und beruflichen Alltag sowie vielen Rückmeldungen von sportlich mehr oder weniger aktiven Interessenten aus allen beruflichen Lebenswelten entstand ab 2000 meine Trainingsmethode "Gehirngerechtes Atem- und Stimmtraining", dem heutigen erweiterten Atem- und Stimmtraining –Just breath and talk– . Denn nicht nur SängerInnen können von guter Stimmnutzung und Tiefenatmung profitieren, sondern jeder Mensch. Die drei wichtigen Oberbegriffe sind hierbei:

Fantasie – Anatomie – Technik

Die Bereiche greifen ineinander über, in spielerischer, oft unbewusster Leichtigkeit. Durch Bewusstsein, Achtsamkeit und gezieltes Wissen kann man lernen Atmung, Stimme und Körperhaltung auch im Alltag in freier Zeiteinteilung und in kleinen Übungseinheiten zum Aufbau des Zwerchfells zu nutzen. Dies hat umfangreiche positive Auswirkungen auf den gesamten Körper.

Seit dem Jahr 2020, durch die gesellschaftlichen Herausforderungen, fand man immer mehr Artikel über das Thema Atmung, nicht nur in Fachzeitschriften. Für mich war diese Zeit die Aufforderung das ganze Konzept auch Online anzubieten.

Das einfache Basiswissen, grundlegende Übungen der Körper- und Selbstwahrnehmung in Stimme und Bewegung, wie man sie in einer professionellen Musicalausbildung, als Logopäde oder Atem- und Stimmtrainer erlernt, kann jedem Laien im Alltag wunderbare Dienste leisten. Online, in ihrer gewohnten Umgebung können Interessenten sich besser wahrnehmen und Übungen ausprobieren. Rückfragen sind jederzeit möglich, Kontaktaufnahme auch nach den Trainingsstunden für weitere Fragen ebenfalls. So fördert das Erlernen von aktiver Atmung und Stimmnutzung das selbstbestimmte, gesundheitsorientierte Handeln des Einzelnen. Erfahrene KursleiterInnen können jeden Teilnehmer auch online gut wahrnehmen.
„Die Gabe, sich in die Gefühlswelt des Schülers hineinzuversetzen, besitzen nur sehr wenige Gesangspädagogen. Hierzu ist eine hohe Sensibilität von Seiten des Lehrers notwendig. Er muss in der Lage sein, sozusagen die Gefühle des Schülers zu lesen, um eventuell aus Angst oder Panik entstandene ungeordnete Gedanken, Vorstellungen und Gefühle zu erkennen und in geordnete Bahnen zu lenken. Dies ist am Verhalten des Schülers spürbar.“
Hans-Josef Kasper „Stimmphysiologie und Stimmpsychologie für Sänger“ Verlag Burr, Ausgabe 1992, S. 55

Alle Übungen können im eigenen Alltag individuell angepasst werden in der Dauer der Durchführung, je nach eigenem Befinden, Zeitmaß und körperlichen Voraussetzungen. So können Schwindelgefühle, wie manche Menschen sie bei Atemübungen erleben, vermieden werden und die Freude am Aufbau und Ausbau der Übungen bleibt über Wochen erhalten, bis sie zur Routine im eigenen Alltag geworden sind. Spiegelkontrolle bei einigen Übungen für die Selbstwahrnehmung ist besonders in den Anfängen sehr sinnvoll und gut in den eigenen Alltag einzubinden, zum Beispiel morgens und abends bei der morgendlichen und abendlichen Körperpflegeroutine, beim Duschen oder in persönlichen Routinearbeiten. Mit einfachen, alltäglichen Gegenständen, wie einem Handtuch, Finger, Korken, Papierball oder ganz ohne Hilfsmittel. Bewusstes Sprechen, Atmen, Singen oder Pfeifen mit mehr oder weniger schiefen Tönen und Ausdruck gehört zum natürlichsten Verhalten und Bedürfnis aller Menschen. Mein Leitsatz in Atmung und Stimme war immer:

Freiheit 24 / 7

Wenn die Selbstwahrnehmung, das Grundwissen und Achtsamkeit geschulter ist, kann man wunderbar effektiv auch mit Apps und Übungs- oder Lehrvideos arbeiten, denn man weiß, worauf man achten muss. Eigenständige Nacharbeit, u.a. mit meinen kostenfreien Lehrvideos auf YouTube (oder auch anderen Lehrvideos) ist individuell zu jeder Tages- und Nachtzeit möglich. Rückfragen können gerne unter meinen Videos als Kommentar geschrieben werden, so können auch andere Nutzer die Antworten lesen und manche Fragen erübrigen sich dann.

 

Fachliteratur zum Thema:

Im Internet findet man zu diesem Thema viele fachliche und wissenschaftliche Informationen. Auch Zeitschriften und Magazine zu diesem Thema Atmung und Stimme, sind erhältlich. Fachmagazine wie GEO oder die Sportärztezeitung seien hier nur als Beispiel erwähnt. Einige kostenfreie Zeitschriften: Apotheken Umschau (z.B. „EIN.AUS.EIN.AUS: Warum Atmen so viel mehr ist als das“ Titelthema vom 15. Februar 2022) sowie das „Alverde“ dm - Magazin vom dm Markt.

  • C. Schlaffhorst und Hedwig Andersen „Atmung und Stimme“, Möseler Verlag Wolfenbüttel, Ausgabe 1996
  • Hans-Josef Kasper „Stimmphysiologie und Stimmpsychologie für Sänger“, Verlag Burr, 1992
  • Gisela Köpp „Leben mit Stimme Stimme mit Leben“ , Die Atem- und Stimmkunst der Clara Schlaffhorst und Hedwig Andersen, Bärenreiter Verlag, 3. Auflage 1998
  • Der kleine Hey „Die Kunst des Sprechens“, Schott Verlag, Auflage 1997, 1. Auflage 1956
  • Cornelius L. Reid „Funktionale Stimmentwicklung“, Schott Verlag, 1. Auflage 2001
  • Ilse Middendorf „Der Erfahrbare Atem, Eine Atemlehre“, Junfermann Verlag, 2 Auflage 1985
  • Margot Scheufele – Osenberg „Die Atemschule“, Schott Verlag, 1998
  • Josef Kemper „Stimmpflege. Eine handwerkslehre im Grundriß“ Schott Verlag, 1951
  • Coblenzer/Muhar „Atem und Stimme“ Anleitung zum guten Sprechen, OBV Pädagogischer Verlag, 17 Auflage 1997
  • Walburga Brügge/Katharina Mohs „Therapie funktioneller Stimmstörungen“, Ernst Reinhardt Verlag, 3. Auflage 1998
  • Paul Lohmann „Stimmfehler, Stimmberatung“ , Schott Verlag, 1966, 1 Auflage 1938
  • Paul Nitsche „Die Pflege der Kinder- und Jugendstimme“ , Schott Verlag, 1996
  • Dr. med. Annerose Keilmann „So lernt mein Kind sprechen“, Midena Verlag, 1998
  • Kurt Hofbauer „Praxis der chorischen Stimmbildung“ , Schott Verlag, 1978
  • G.Friedrich/W. Bigenzahn „Phoniatrie“, Verlag Hans Huber, 1995
  • Stella Adler „Die Schule der Schauspielkunst“ , Henschel Verlag, 2000
  • Barbara Zollinger „Die Entdeckung der Sprache“ ,Beiträge zur Heil- und Sonderpädagogik Haupt Verlag, 5. Auflage 2002
  • Karin Schutt „Heilatmen“ Ein Weg zur Lebenskraft und inneren Harmonie, Falken Verlag, 1989
  • Aribert Stampa „Atem, Sprache und Gesang“ , Bärenreiter Verlag, 1973
  • Heinz Fiukowski, Gerhart Lindner, Otto Preu, Eva Qualmann, Helmut Stelzig, Eberhard Stock „Einführung in die Sprechwissenschaft“ VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1982
  • Leo Kofler „Die Kunst des Atmens“, Bärenreiter Verlag, 1992

 

Bettina Kupetz

gesang( at )kupetz.de

 

 

 

 

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